SEBASTIAN HOLZER. Architecture.
LEGITIMIZATION OUT OF MOMENTS.
New York City.
RICHARD SENNETT
TATE MODERN SELBSTPREISGABE MINI TABLEAU VIVANT PAUL AUSTER MARINA ABRAMOVIC
XAVIER LE ROY ANTONY GORMLEY MEDIUM ORT NEO MATS TRISHA BROWN VIRTUELLE RÄUME
DIE KULTUR DES STAUS THE NAKED CITY MAI LABAN DANCE CENTER PINA BAUSCH
KONZEPTION
Frage ? [Thomas Schütte] „Die Frage nach dem
Unterschied zwischen Gebäuden und Kunstwerken?" „Ein Gebäude braucht eine
Funktion, eine Absicht es dauerhaft zu benutzen. Ein Kunstwerk in Form eines
Gebäudes dient jedoch nur zum temporären Verweilen - die Funktion ist quasi das
Baumeln der Seele." Vielleicht sollte man diesbezüglich ein Gebäude
überdenken. Den Moment in betracht ziehen. Orte zum Verweilen kreieren. So
erhalten Gebäude den Wert eines (Kunst)Werkes. Orte des Verweilens werden zu
Orte der Intimität im Öffentlichen Raum. Markt für Räume - Räume konsumieren.
Intro. „ […] Das Probieren im Leben wie im
Theater und auf der Bühne, was es überhaupt heißt zu leben, macht aus jeder
Aufführung von Pina Bausch eine Probe aufs Exempel, einen Versuch, dem näher zu
kommen, was den Menschen ausmacht".
Dieses Projekt ist definiert als eine Art
Laboratorium. Eine Form eines Gesellschaftslaboratoriums. Ausgehend von einer
Grundthematik, der Intimität in öffentlichen Räumen und der Intimität des
gesellschaftlichen Lebens, bewegt sich das Projekt durch diverse
Annäherungsmomente, welche der auslösenden Thematik grundsätzlich nicht immer
inhärent sind bzw. sein müssen. Ich möchte an dieser Stelle auch vorweg nehmen,
dass es sich bei dieser Arbeit nicht um die Annäherung an eine theoretische
Materie handelt, sondern dass diese für mich rein Ausgangspositionen, jedoch
von wesentlicher Bedeutung, sind. Es ist der Versuch, sozusagen den gesamten
Projektumfang als Labor zu sehen. Es geht um die Suche nach Diskursen, welche
für sämtliche Entscheidungssituationen relevant werden um schlussendlich dem
Projekt eine Art Grundthese zu verleihen. Die Grundthese ist der Entwurf. Die
Ausgangsposition ist Richard Sennett und seine Argumentationslinie in „Verfall
und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität". Richard
Sennett, geboren 1943, gilt als einer der herausragenden Theoretiker und
Kulturphilosophen unserer Zeit. Er lebt und arbeitet in New York City. Die Wahl
dieser auslösenden Grundthematik geht auch auf ein persönliches Interesse
meinerseits für diese beiden gegensätzlichen Lebensformen zurück. Eine Thematik
die meines Erachtens das Leben in Großstädten nicht nur mit sich bringt,
sondern auch immer wieder fordert, Tag für Tag im Alltag. Eine Skizze des
Augenblicks. Augenblick steht für ein Zeitintervall. Wie kurz, oder wie lang
muss ein Zeitintervall jedoch andauern um noch als Augenblick bestehen zu
bleiben. Was geschieht vor, - was nach dem Augenblick? Haben die angrenzenden
Zeiten eine Bedeutung für den Augenblick? Stehen sie in direktem Zusammenhang?
Bleibt die Zeit davor im Unbewussten bestehen und gewinnt die darauf folgende
Phase an Relevanz? Der Augenblick wird zum [Moment]. Momente. Momente werden zu
Diskursen. Diskurse werden zu Kräften, welche das Projekt formen. Die Bewegung
ist das Netzwerk von Momenten. Sozusagen die Verbindung in thematischer,
konzeptioneller, programmatischer und in weiterer folge räumlicher Hinsicht.
Die Bewegung, als Form der Verbindung, ist eine Frage des Zeitraumes. Um den
Zeitraum zumindest für das Begreifen der in dieser Arbeit ausgewählten Momente
zu definieren, beginnt die Bewegung in London, in Form einer kulturellen
öffentlichen Institution: „Tate Modern". Der Moment selbst ist als
Individuum konzipiert. Als eine Art Objekt, das in sich eine abgeschlossene
Form bildet. Es gilt den Moment aufzunehmen, wahrzunehmen, Interpretationen
mitzunehmen und während der weiteren Bewegung einzusetzen. Momente färben ab.
Architekturprinzip. Architektur wird zum Prozess, zur Form der konzeptionellen
Annäherung an den Raum auf Grundlage des Suchens nach theoretischen,
gesellschaftlichen und architektonischen Momenten. Moment - wahrnehmen -
interpretieren - filtern - einsetzen - Bewegung. Wiederholung. Wird nun das
Wort [Moment] wieder mit dem Begriff Augenblick ersetzt: Augenblick -
wahrnehmen - etc, so entsteht plötzlich der Anschein von Raum in dem der
visuelle Kontakt als Form der Kommunikation verstanden wird. Augenblick -
Nonverbale Kommunikation. Die (selbst) Verkörperung in realen Räumen ist jener
Zustand den es zu ermöglichen gilt. Es müssen Situationen geschaffen werden die
den Augenblick provozieren. Äquivokation - Zeit/Kommunikation. Moment (wie
bereits erwähnt als Individuum interpretiert) - Augenblick (Kommunikation).
Moment - Intimität. Augenblick - Öffentlichkeit. Feedback Loop - Momentane
Intimitätsbildung. Der eigene Körper, das verkörperte Ich wird raumbildend.
Raumproduktion X. Architektur wird zum Rahmenwerk - Produktion von Raum als
eine Art Bühne für die reale Verkörperung des Menschen. Raumproduktion Y.
Architektur wird zur Form - das Individuum wird zum Co-Autor.
[TYRANNEI DER INTIMITÄT]
Richard Sennett: „Verfall und Ende des
öffentlichen Lebens.
Die Tyrannei der Intimität". Bereits der
Titel erscheint im ersten Moment fragwürdig: Wie kann man in unserer heutigen
Zeit von einem Verfall des öffentlichen Lebens sprechen. Ist es in Wahrheit
nicht das Ende der Privatsphäre? Immer wieder wird die Auslagerung sämtlicher
privaten Angelegenheiten in die öffentliche Sphäre beobachtet, das
Freizeitleben erscheint als öffentliches Leben und digitale Medien erstellen
ein öffentliches Bild des Menschen. Doch eine Betrachtung der
Hauptargumentationslinie des Buches beleuchtet den Ansatzpunkt Sennetts und
zeigt inwiefern die Vorstellung vom scheinbar aktiven öffentlichen Leben ein
Trugbild sein kann.
Argumentationsmomente am Beispiel London und
Paris: 18.Jh: Die „Öffentlichkeit" funktioniert. 19.Jh: Die öffentliche
Sphäre wird zerstört. Heute: Die Tyrannei der Intimität. Definition
„Öffentlichkeit" bei Sennett: „Beziehung und Geflecht von Verpflichtungen
zwischen Leuten, die nicht durch Familienbande oder andere persönliche
Beziehungen wechselseitig miteinander verknüpft sind". 18.Jh: Der
Spieleinsatz für die Geselligkeit. Sennett spricht immer wieder von einem
„Gesellschaftsmolekül". Dieses Molekül wird gebildet durch Öffentlichkeit
und Privatsphäre. Im 18. Jh waren diese beiden Sphären streng getrennt und es
bestand ein Gleichgewicht zwischen der Naturordnung (Familie) und der
Kulturordnung (Öffentlichkeit). Die Öffentlichkeit war der Raum, welcher dem
Menschen die Möglichkeit gab zu kommunizieren, mit fremden Menschen in Kontakt
zu treten. Dieser Kontakt war geprägt durch Künstlichkeit, durch eine Art
spielerische Herangehensweise - und dafür verlangte es nach bestimmten
Spielregeln. Heute würden wir dieses Verhalten als unpersönlich empfinden,
damals war es die Voraussetzung für ein aktives, (nach Sennett
funktionierendes) öffentliches Leben. Der Mensch war ein Schauspieler. Er
spielte eine bestimmte Rolle. Es entwickelte sich eine Distanz zwischen
Handelndem und Handlung. Der Mensch wurde in der Öffentlichkeit zivilisiert, da
er dort seine Gefühlswelt im Gegensatz zum häuslichen, privaten Bereich nicht
zeigen durfte. Die Stadt entwickelte sich zu einem regulierenden Instrument,
welches die Gegensätze zwischen Natur und Kultur im Gleichgewicht hielt. 19.Jh:
Die Individualität. Im 19.Jh entwickelte sich durchwegs eine andere Art der
Psychologisierung des Menschen. Dies bedeutete das nicht mehr die Rolle bzw.
die vorgeführte Handlung im Vordergrund stand, sondern der individuelle
Charakter der Person. Die Persönlichkeit wird von der Privatsphäre in die
öffentliche Sphäre verlagert. Der Charakter des Menschen diente nun als
Grundlage von Gesellschaft. Doch wenn die Handlung nicht mehr als von den
Handelnden getrennt angesehen werden kann, sondern sie charakterisiert, werden
die Menschen „entblößt". Es entsteht ein Grad von Intimität im Leben der
öffentlichen Sphäre. Den Blicken der Mitmenschen ausgesetzt, entwickelt sich
eine Form von Angst des „Durchschautwerden". Durch die Abwehr gegen das
Durchschautwerden veränderte sich das Verhalten der Menschen in der
Öffentlichkeit. Schweigen war die einzige Form sich der Entblößung zu
entziehen, denn öffentlicher Ausdruck wurde zu einer Gefährdung des Ichs.
Heute. Die Krise des öffentlichen Lebens. Die Geselligkeit verschwindet aus der
öffentlichen Sphäre. Die öffentliche Sphäre wird mehr und mehr zum Raum der
Anonymität.
Der urbane Raum definiert sich immer mehr zum
Ort des Nicht-Kommunizierens. Die soziale Funktion der öffentlichen Sphäre wird
durch andere Funktionen ersetzt: „der öffentliche Raum wird zu einer Funktion
der Fortbewegung". Wenn nicht als Ort der Fortbewegung programmiert, wird
der urbane Raum meist auf die Funktion des Konsums reduziert. Dies sind jedoch
Räume der Stadt die für soziale Interaktion nicht sehr förderlich sind, weil
der Akt des Kaufens anonym und passiv wird, im Gegensatz zu Zeiten als der
Konsum auf eine interaktive Käufer - Verkäuferrolle ausgelegt war. Mit dem
„Paradoxon der Isolation inmitten von Sichtbarkeit" bezeichnet Sennett
zunächst die Bauweise von modernen Hochhäusern in New York und bezeichnet diese
Art von Architektur als nicht interaktionstauglich, weil die Stadt für die
Menschen trotz visuellem Kontakt nicht greifbar ist. Weiters beschreibt er mit
diesem Paradoxon ein bis dato unbekanntes Phänomen, das die Krise der
öffentlichen Kultur mit höchster Geschwindigkeit zum Verfall brachte: Der
Einsatz von elektronischen Medien. Fazit. „Die Überzeugung, wahre
zwischenmenschliche Beziehungen bestünden in Enthüllung von Persönlichkeit zu
Persönlichkeit, hat auch unser Verständnis für die Zwecke der Stadt verzerrt.
Die Stadt ist das Instrument nichtpersonalen Lebens, die Gussform, in der
Menschen, Interessen, Geschmacksrichtungen in ihrer ganzen Komplexität und
Vielfalt zusammenfließen und gesellschaftlich erfahrbar werden." Suche
nach der Gussform. Abschließend erinnert Sennett nochmals an das Wesen urbaner
Räume als Ort öffentlichen Lebens mit der Möglichkeit Fremde zu begegnen, als
Schauplatz der Entfaltung menschlicher Fähigkeiten, als Raum des
Informationsaustausches und Brennpunkt der Interaktion. „Doch gerade diese zivilisatorische
Kraft liegt heute ungenutzt." [Moment] checked. Wie können urbane
Lebensräume neu überdacht werden? Wie können Freiräume geschaffen werden, in
denen selbstständig nachgedacht werden kann?
[TATE MODERN]
Eine kulturelle Einrichtung (Modern Art
Gallery). London. Eine Stadt in der das Leben größtenteils im öffentlichen Raum
stattfindet. Die eigentliche Wohnung wird zur reinen Schlafstätte. Der
öffentliche Raum fungiert als Raumerweiterung für alltägliche Rituale. Diverse
Funktionen, oder auch Situationen werden aus der rein häuslichen Privatsphäre
ausgelagert. Dies beruht zum einen auf der Tatsache der enormen Distanzen
zwischen dem momentanen Aufenthaltsort (abhängig von der Tätigkeit und der
Tageszeit) und dem Privatraum (Wohnung). Andererseits aufgrund der erlebbaren
Vielfältigkeit des öffentlichen Raumes konträr zu den meist vorliegenden,
teilweise erdrückenden Wohnverhältnissen. Urbane Lebensräume als Augenblicke im
Bewegungsfluss. Städtebauliches Konzept: Raumerweiterung durch Bewegung. Millennium
Bridge als reine Fußgängerbrücke. Jubilee Walkway als fußläufige
Bewegungsachse. Tate Modern* als Augenblick (urbaner Lebensraum). Schema. * 90%
Öffentlicher Lebensraum inkl. Öffentlicher Galerieraum. Die Schweizer
Architekten Herzog & de Meuron konzipierten und gestalteten den Umbau der
früheren Bankside Power Station und entwickelten ein Museum für Moderne Kunst.
Dabei wird den Menschen der nötige Raum geboten, sich frei entfalten zu können.
Sich preiszugeben**. Das Architektenduo schenkte der Gesellschaft Raum zum
Leben im öffentlichen Raum. Ein Ort der unabhängig vom Interesse an der Kunst
in Anspruch genommen werden kann. Manchmal nur für einen kurzen Augenblick, zum
Verweilen, als Raum des Rückzugs aber dennoch als Raum der die Komplexität des
sozialen Lebens erfahrbar macht. Interaktion und Intimität bilden ein Molekül.
**Selbstpreisgabe. Sich selbst preisgeben, real, in physisch urbanen Räumen.
Man könnte auch meinen, Selbstpreisgabe ist das Gegenstück zum Paradoxon der
Isolation inmitten von Sichtbarkeit. Christina Weiss greift in diesem
Zusammenhang die eigene Körperlichkeit auf. Nachdem wir die Schwelle zur
„Global City" längst überschritten haben und je mehr sich die Gesellschaft
im virtuellen Raum wieder findet, brauchen die Menschen reale Orte des
Miteinander. „Das Bedürfnis nach der leibhaftigen Aussetzung eigener
Verhaltens-, Präsentations- und Denkformen im realen Raum der Städte
könnte durch die Virtualität der Begegnungen im
Internet eher wachsen." Der Raum wird zur Textur. Text heißt
Gewebe;
aber während man dieses Gewebe bisher
immer als ein Produkt, einen fertigen Schleier aufgefasst hat, hinter dem sich
mehr oder weniger verborgen der Sinn (die Wahrheit) aufhält, betonen wir jetzt
bei dem Gewebe die generative Vorstellung, dass der Text durch ein ständiges
Flechten entsteht und sich selbst bearbeitet; in diesem Gewebe - dieser Textur
- verloren, löst sich das Subjekt auf wie eine Spinne, die selbst in die
konstruktiven Sekretionen ihres Netzes aufginge.(Roland Barthes).
Es werden Räume der „sinnlichen Wahrnehmungsherausforderung" gebildet. Die
Textur der Räume wird von den Menschen gelesen, man kann es beim lesen belassen
- dann funktioniert der Raum als Ort des Rückzuges. Menschen werden jedoch aufgefordert
am „flechten" teil zu nehmen. Aktiv am Bild des Raumes mitzuwirken. Der
Raum wird dann zum Instrument nicht personalen Lebens. Zufällig Interaktion -
betreibende Menschen bilden so einen Ort der Selbstpreisgabe. An dieser Stelle
möchte ich noch einmal auf Richard Sennett zurückkommen. Wie auch Christina
Weiss in „Stadt ist Bühne" schreibt plädiert Sennett „für die Schaffung
von Räumen, die Menschen dazu
bringen sich wahrzunehmen - und zwar mit
Sympathie. (Anm.: Mit Sympathie wird in diesem Zusammenhang der Umgang mit
Differenz, Komplexität und Fremdheit assoziiert) […] Wir brauchen
Gelegenheiten, einander zu begegnen, und den Mut, die damit verbundenen
Erfahrungen von Fremdheit, körperlichen Kontakt, Konflikt oder gar Verletzung
auszuhalten.In diesem Prozess der Anerkennung des Anderen
müssen wir uns bereits mitten im Prozess des Selbsterkennens befinden. Kunst
und Kultur können uns in diesem Prozess behilflich sein, mehr noch, die
Begegnung mit den Künsten kann den Prozess des Austausches zwischen Erkenntnis
der eigenen Körperhaftigkeit und Bewusstseinslage und der Möglichkeit, sich auf
die Situation eines anderen einzulassen, in besonderer Weise befördern, indem
sie Situationen schafft oder simuliert, die uns miteinander in Kontakt bringen
und in denen wir Differenz erfahren und einüben können." Dieses Statement
kann bedeuten, dass Kulturräume als Lebensräume konzipiert werden müssen und
höhere Künste nicht rein elitären Gesellschaften zu gute kommen, sondern dass
die „Künste - umfassenden Räume" zu Gesellschaftslaboratorien generiert
werden müssen. Das Projekt wird an diesem Ansatz anknüpfen und in weiterer
Folge über das Aufgreifen von [Momenten] einen Ort (Raum) entwickeln, an dem
die Körperhaftigkeit der Menschen zu einer realen Ebene der Bewusstseinslage
gelangen kann.
[MINI TABLEAU
VIVANT]
of the delirium
constructions #4. A performance conceived by Sarah Small. Ein
halböffentliches Laboratorium. Ein Beispiel der künstlichen Kreation von
physischer Interaktion. Der Bezug zur Stadt entsteht durch die Szenerie: Der
Ort der Inszenierung ist ein Loft im New Yorker Stadtteil Brooklyn mit
großflächig verglasten Fensterelementen. Die Stadt wird zum Bühnenbild, die
Szene wird transparent, sie wird in den öffentlichen Raum erweitert. Die
Förderung der Zufälligkeit, der Spontaneität und der Umgang mit Fremdheit im
Bezug auf Körperlichkeit werden erprobt.
[Moment] Tyrannei
der Intimität.
[Moment] Tate
Modern.
[Moment] Selbstpreisgabe.
[PAUL AUSTER]
„Mich interessiert nicht so sehr wie sich
Menschen bewegen,
als was sie bewegt." (Pina Bausch)
Bewegungsform aus „Stadt ist Glas" (New York-Triologie). Auster schreibt
über das „Verlorensein" des Menschen und das Entstehen von Intimsphären in
Großstädten. Er fokussiert New York. Er sieht in New York einen Ort des Suchens
der eigenen Körperhaftigkeit. „ […] und während unser Leben weitergeht, werden
wir für uns selbst immer undurchsichtiger, werden wir uns unserer eigenen
Zusammenhanglosigkeit immer mehr bewusst. Niemand kann die Grenze zu einem
anderen überschreiten - aus dem einfachen Grund, weil niemand Zugang zu sich
selbst gewinnen kann."
[LABORATORIUM] Entwicklung eines
Gesellschaftsmoleküls. Raumerweiterung durch Bewegung. Auflösung von
Homogenisierung.
Entdeckung der Vielfalt. Herausforderung an die
eigene Verwandlungsfähigkeit. Raum der Bewegung. **Augenblick. Kulturelle
Implementierung. *dancelab. Raum der Verkörperung. Raum der Selbstpreisgabe.
„It´s all about movement." Momente. Performing Arts, Die Bewegenden
Künste. Ein Ort, ein Raum, der elitären Gesellschaftsschicht. Neudefinition.
Zum Ort der Bewegung, zum Ort der Interaktion, zum Ort des Experimentierens,
zum Labor der Gesellschaft, zum Kulturraum für jede Gesellschaftsschicht, zum
Ort der erweiterten Privatsphäre. Zum Ort des Augenblicks. Räume für den
Augenblick.
[MARINA ABRAMOVIC]
MOMA New York
City. The Artist is Present. Das Extrem der Bewegung -
Bewegung wird zum Moment. Moment des Stillstandes. Reduzierung auf den
Augenblick - als intensivste Form der Kommunikation. Urbaner Raum wird zum Ort
der Selbstpreisgabe. Bildung einer Intimsphäre. 736 Stunden und 30 Minuten.
Fragmentierung in Augenblicke. Augenblick wird zur Ontologie der radikalen
Unvollkommenheit. [AUGENBLICKE] 51 Minuten 43 Sekunden. Portraits von
„Abramovic-Sitters". Molekülbildung.Die Produktion von (urbanem) Raum in
einer kulturellen Institution (Rahmen) mittels Performanz / siehe [Antony
Gormley]. Die Passivität des Menschen wird Aufgehoben, seine Bewusstseinslage
wird Teil der Raumformung. Am Nullpunkt der Raum-Zeit-Achse wird dieser Raum
zur Materie, Zwei Stühle, zwei Menschen, die Bewegung geht gegen Null, der
Augenblick, die Produktion eines Mikroraumes in Form eines Intimraumes, die
Erkenntnis der Gesellschaft, die Reflexion, die Öffnung, die Befreiung inmitten
Isolation, der Moment. Handlungszeit? Ordnung vs. Unordnung, Rhythmus und
Urbanität. „Das Urbane als Form ist also nicht als bestehende Realität zu
verstehen […] Das Mögliche als Praxis ist die Richtung, in die sich das Urbane
bewegt." Ordnende Strukturen sind getaktet wie die Produktion von Gütern.
Festgelegte Zeiten, festgelegte Abläufe, festgelegte Rhythmen, der Mensch fügt
sich der Ordnung. Dell konstatiert in diesem Zusammenhang den Übergang von der
Industriegesellschaft hin zu einer Gesellschaftsform die aktiv daran beteiligt
ist ihren eigenen Rhythmus zu kreieren. Wie bei The Artist is present. Der
Rhythmus - der Augenblick entsteht durch die Performanz. Der Augenblick
definiert eine Raum-Zeit Struktur. Ein Raum wird produziert. Es ist ein Raum,
welcher in keinem ordnenden Bezug zu im selben Zeitpunkt anderorts produzierten
Räume steht. Der Raum wird zum Medium. Die Improvisation wird zum alles
umfassenden Instrument. Der Mensch stellt sich der Herausforderung. Er akzeptiert
das Vorgefundene. Dell glaubt dass eine Form der Unordnung zwingend
erforderlich ist - Unordnung wird zur Qualität erhoben. Lineare werden durch
zeitgleiche Abläufe ersetzt. Es entsteht ein „Feld dauernder
Auseinandersetzungen und Kooperationen." ie Handlungszeit, die Zeit wie
lange ein Raum bestehen bleibt, hängt nicht von ökonomisierten Verfahren ab
sondern von Reflexion und Praxis der an einer Gesellschaft teilhabenden
Akteure.
[XAVIER LE ROY]
Das Konzept des Werdens. m Gegensatz zur
Choreographie, also dem Schreiben der Bewegung, bezieht sich Le Roy auf ein
„anderes" Verständnis von Körper. n seinem Werk „Self Unfinished"
(1999) lässt Le Roy den Gedanken des modernen Subjekts fallen. Er untersucht
dabei die Wahrnehmung des menschlichen Körperbildes, entstellt den Rahmen der
Performance, und konstruiert ein Konzept des reinen Werdens. „Ein Werden ist
keine Entsprechung von Beziehungen. Aber ebenso wenig ist es eine Ähnlichkeit,
eine Imitation oder gar eine Identifikation." (Deleuze/Guattari - Tausend
Plateaus) [Self Unfinished] Andre Lepecki führt diesen Ansatz weiter und meint:
„Das Werden produziert niemals eine Darstellung (representation), sondern eine
Ebene des immanenten Wunsches, der durch die Aktivierung dieser Experimente,
die dem Werden eigen sind, eine Politik der Mikrowahrnehmung einleitet
[…]" Das Werden produziert nichts als sich selbst. Der Körper wird in
Echtzeit transformiert. Es gibt keine Choreographie, keine festgelegten Regeln,
nur das reine Konzept des Werdens. Es entsteht eine Serie von amorphen
Abwandlungen des menschlichen Körpers, eine Bildersprache, die dem Beobachter
die Möglichkeit gibt einen eigenen Rhythmus zu identifizieren um die Bilder
entsprechend zu interpretieren. Le Roy: Zerstörung der Choreographie. Werden. Experimentieren.
Fundamentale Bedingung um andere zeitgleiche Möglichkeiten zu erreichen.
Transformation des Körpers/Raumes. Äußere Einflüsse auf ein Individuum. Bleiben
bei entsprechender Verweildauer an der Oberfläche haften und verschmelzen mit
dem Bild des Körpers/Raumes. Räumliche Transformation durch Bewegung. Skizzen.
[ANTONY GORMLEY]
Zwischenraum als Ort der Molekülbildung. Antony
Gormley, ein britischer „Körperkünstler", experimentiert mit den
physischen, psychologischen und emotionalen Auswirkungen des menschlichen
Körpers und seine Wechselbeziehungen in Bezug auf Erinnerung und räumlicher
Veränderung. Der Zwischenraum, wiederum auf physischer, psychologischer und
emotionaler Ebene wird dabei zum Spielraum, zum Labor für die Gesellschaft. Er
provoziert körperbezogene Interaktion. Der Körper wird zur Seele. Medien können
diesen Raum nicht ersetzen. Bewusstseinsbildung.
Die Bewegung wird vorausgesetzt."I am interested in the body", he
says, "because it is the place where emotions are most directly registered.
When you feel frightened, when you feel excited, happy, depressed somehow the
body registers it." (Antony Gormley) Produktion von Raum.
Bewusstsein - Bewegung - Performanz. Gormley versteht den menschlichen Körper
als reine Hülle seiner eigenen Bewusstseinsform - Architektur als „enclosing
structure" (Rahmung) des Körpers. Der Raum? Die Frage bleibt hier offen.
Für Dell kann Raum nicht Form, nicht Finalität sein - dies würde bedeuten, dass
sich der Raum nicht von der Architektur ableiten lässt, sondern aus einer
gesellschaftlichen Ebene heraus produziert werden muss. Die Form der Produktion
ist als urbane Praxis (Handelndes Individuum - Performanz in einem provisorisch
gestalteten Feld mit ungenutztem Entwicklungpotentials) gegeben. Für die Architektur
bedeutet dies einen Rahmen zu bilden (einen Rahmen zu entwerfen) der die
Möglichkeit bietet urbane Räume zu erproben, erfinden - eine Art Labor zur
Erprobung zwischenmenschlicher Kohärenz.
[MEDIUM]
Bewegung. Bewegung als Medium der
Raumerweiterung, bezogen auf den intimen Lebensraum als auch auf die interne
funktionelle Strukturierung. Der gesamte Bewegungsapparat gliedert sich als
Augenblick in das Stadtgefüge ein. Die Bewegung selbst ist vergleichbar mit
einer aktuellen Tendenz der zeitgenössischen Tanzwissenschaft:
„Schluckauf-Choreographie". Bewegungssequenzen werden unterbrochen.
Performanz kommt zum Stillstand. Zerstörung der Kontinuität. Augenblicke. Der
Augenblick wird zum funktionalen Interaktionspunkt im Bewegungsapparat. Räume
und Funktionen werden durch die Bewegung des Menschen verknüpft. Eine
dezentrale - angelegte Struktur von Funktionsbereichen fordert einen
Bewegungsfluss im Gebäude. Handlungen werden in den Zwischenraum verschoben.
Rahmen. Intimität. Raumerweiterung der Privatsphäre. Raum der
zwischenmenschlichen Beziehung. Raum der Interaktion mit Fremden.
Selbstpreisgabe in Form von Kunst. Zerstören einer intimen elitären
Gesellschaftsschicht. Zugänglichkeit zu einem sehr intimen Akt der
künstlerischen Schaffung. Akteur
als Individuum.
[LOCATION]
New York City.
Manhattan - Form als Urban-Loft. Zonen der funktionalen
Verdichtung. [Site] Manhattan West Chelsea Gallery District 10th AVE W 18th st
Bewegungsvektoren. 2028 Blöcke. Der Hudson River trennt die beiden Städte New
York City und New Jersey City, die Verbindung der beiden Bereiche ist
gesellschaftliches und politisches Thema. Der Bezug Manhattans zur Hudson
Riverside gilt als großes Bedürfnis, wird jedoch zu oft zum privilegierten
Genuss für Bewohner von unbezahlbaren Luxusappartements. Der Ort liegt an einer
spannungsgeladenen Schnittstelle New Yorks. Zum einen der erwähnte Anschluss an
die West(river)side, der Anfang bzw. das Ende einer städtischen Achse (14th
street), der Verknüpfung von gewachsener und geplanter Stadtstruktur (Chelsea
vs. West Village) und eine durch den Ort führende räumliche Bewegungsstruktur
(Highline). Die Tatsache, dass es an diesem Ort auch ein unbebautes Grundstück
gibt, wurde zum finalen Faktor um sich diesem Ort anzunähern. West Chelsea.
10th AVE. View south from 32th st. Die Highline ist eine Hochbahntrasse, ca.
2.3km lang, wurde ursprünglich als Zulieferungsmöglichkeit für Lager- und
Industriehallen genützt. Seit 2006 wird sie zu einer Parklandschaft umgebaut.
Neighborhood Intro. Die Highline führt durch drei der lebhaftesten Bereiche
Manhattans: Meatpacking District, West Chelsea und ganz im Norden durch Hell's
Kitchen. Im Jahr 1930, als die Highline errichtet wurde, waren diese Bereiche
bestimmt durch Industrieräume, Lagerräume und durch die entsprechende
Verkehrsanbindungen (Land-, Wasserwege). Heute wurden diese einst für Industrie
und Lager genützten Hallen zu Galerien, Restaurants, Museum, Shops, Design
Studios etc. konvertiert. Zusätzlich zu dieser Funktionsmischung wurde das
Wohnen zu einer ansprechenden Nutzung in diesem Stadtteil. Zeitgenössisches
Beispiel: 100 Eleventh Avenue, Jean Nouvel. Urban Studies. In weitere Folge
wird eine Art Zoom von Außen nach Innen dargestellt, diverse städtische Studien
ermöglichen unterschiedliche Perspektiven auf das „Gefundene". Städtische Studien. Mikro vs. Makro.
Meatpacking District. 1900: 250 slaughter houses and meatpacking plants.
District of processing. 2012: Restaurants, night clubs, design studios, fashion
boutiques. Charakteristik: bunt, roh, dynamisch, temporär,
heterogen. Der urbane Zwischenraum versprüht nach wie vor die Atmosphäre von
Märkten - Vorzüge für die Verdichtung von Interaktion im Außenraum. Der Konsum
ist vielfältig. Die Bausubstanz inhomogen. Es entstehen Reibungspunkte in
physischer und politischer Hinsicht. Die soziale Ausgewogenheit in dieser
Stadtzone wird manipuliert. [Site]. Historic Image. 1900. Parking. Bereits zu
damaliger Zeit wurde dieser Ort für das Abstellen von Verkehrsmitteln genützt -
als eine Art Remise für Güterzüge und Waggons. Heute als privater Parkplatz für
in diesem Bereich wohnende Menschen als auch für Kurzparker. Bewegung wird zum
Stillstand. Der Mensch. Ort des Augenblicks in einer Bewegungsstruktur.
Landschaftsstruktur definiert Bewegungsstruktur. Bewegungsstrukturen definieren
Grundstückstruktur. Site - Configuration. Grid vs. Landscape. Das Grundstück
ist ein Sonderfall des typischen NY Block. Als Grenzelement wird der Block im
Westen durch die natürliche Landschaft definiert. Im Norden, Osten und Süden
durch den NY Raster. Die Struktur des Ortes wird charakterisiert durch die
Verknüpfung von gewachsenen und geplanten Zonen. Gewachsene Landschaftselemente
und implantierte Bewegungsstrukturen (West Side Highway, Highline) sorgen für
dynamische Zonen an den Breitseiten. Die Implementierung des NY Rasters in die
Landschaft erzeugt an den Längsseiten beruhigende Erschließungszonen, welche
als Anknüpfungspunkte an den Uferbereichen fungieren. Die umliegenden Gebäude
sind strukturell, funktional, und im architektonischen Erscheinungsbild als
sehr inhomogen anzusehen. Zum Teil adaptierte Industriehallen, zu Büro- und
Wohnbauten extrem verdichtete Teile von Blöcken, das IAC Gebäude von Frank O.
Gehry lässt den Hauch vom so oft titulierten Iconic-Turn spüren, Luxusappartements
am Hudson-Ufer oder eben die von Diller Scofidio + Renfro gestaltete
„Neohighline".
[NEO
- MAT - BUILDING]
Horizontalität
und Architektur. Horizontalität und Urbanismus. „Mat-Buildings" verkörpern
im Grunde ein in 2-Ebenen sich ausdehnendes Objekt (Gebäude), an eine
gerasterte Grundstruktur wiederholende Anordnung von Einheiten. Diese Form von
Gebäuden führte zu einem Verwischen der Grenze zwischen Architektur und
Urbanismus, denn mit der formalen Annäherung an „Mats" wurde das Innere zu
einer Weiterführung des Äußeren - die Urbanität durchfließt ein Gebäude - das
Gebäude färbt ab - der Außenraum gewinnt an entsprechender Bedeutung durch die
Präsenz und Lebendigkeit eines Gebäudes. Das Gebäude wird Teil vom Urbanismus.
Mat-building of Berlin Free University. Agricultural City by Kisho Kurokawa. In
Kontrast zu dieser eher rein geometrischen Ansicht von „flachen" Gebäuden
bewegen sich nun Neo-Mat-Buildings in eine Richtung die geprägt ist von einer
fließenden - mehrschichtigen Komplexität. Aus geometrischen Netzstrukturen
wurde eine Menge aus Ansammlung, Ausbreitung, Auswirkung. Zwischen. Der
Zwischenraum. Die Wechselwirkung im Dazwischen. Diese Wechselwirkung führt,
obwohl an die grundlegenden Mustern von Mat-Buildings wie Verdichtung mittels
Variation und Wiederholung gebunden, zu einer Art Verwandlungskunst dieser
Muster durch eine mehr-dimensionale Raumzeit analog der Performance von Le Roy.
Die Bewegung der Menschen, der Austausch von Informationen und Wissen
ermöglicht den Neo-Mats verbunden mit dem Trend der Digitalisierung eine
ständige Veränderung und Entwicklung. Modell von Neo-Mats. Die Relation
zwischen Objekt und Kollektiv (Gesellschaft) wird intensiviert durch das
Überordnen von Prozess und Organisation gegenüber der reinen Form. Die
Beziehung der Elemente in den Mats entsteht auf Basis von „angrenzend
sein", sich an 2D-Geometrien, ohne jemals den vorgegebenen Regeln zu
widersprechen, zu binden. Neo-Mats überschreiten Grenzen, lassen kaum
Regularien erkennen, agieren auf Basis von sozio-kulturellen Spielregeln,
welche Grundvoraussetzung sind für das räumliche Komprimieren von Individuen.
Konzeptionelle Elemente von Neo-Mats sind: Knoten. Die Entstehung von Orten -
bestimmt durch eine Verdichtung von Interessen, Informationen und
Verhaltensweisen.
Grenzen.
Die räumliche, zeitliche und organisatorische Definierung von Zonen. Durch das
Einsetzen von Filtern werden in weiterer Folge grenzüberschreitende Abläufe im
System ermöglicht. Verknüpfungen. Die Bewegung / Beziehung zwischen Ort und
Zone. Definition der Art des Mediums (Informationsfluss, Gesellschaftsstrom,
Zeitgeist, usw.)
[TRISHA BROWN]
Raum uneingeschränkten Potentials =
System. Gedankenbild. Knotenbildung?
Horizontalität und Performance/Kunst. Das Thema der Bewegung - der Verkörperung
im realen Raum - in einem Gesellschaftsraum führt mich zu einem Werk der
US-amerikanischen Choreografin und Tänzerin Trisha Brown - IT'S A DRAW / LIVE
FEED. Die Performance interpoliert zwischen den Disziplinen Tanz und den
bildenden Künsten - die Horizontale ist das Wesen. Die horizontale Ebene. Im
künstlerischen Agieren (Bildenden Künste der Nachkriegszeit) erfindet sich
dieses Thema 1947, als Jackson Pollock die Leinwand, um seine
„Dripping-Technik" ausführen zu können, von der vertikalen in die horizontale
Ebene kippte. Andre Lepecki stellt diesbezüglich die Verbindung zum Schreiben
vs. Repräsentation her. Dabei sieht er den Akt des Kippens als Entstehung von
Raum - als „Akt der Territorialisierung". Es bildet sich ein Raum, der
sich für Entwicklungen, für Erneuerungen offenbart. Ein quasi „leeres
Land", das das Schreiben neuer Geschichten ermöglicht, sozusagen ein
Laboratorium für die Gesellschaft, für den bewegenden Menschen. Obwohl bei
Pollock das Bild schlussendlich in die vertikale Ebene zurück-gekippt wird,
entsteht das Bewusstsein, dass Potential der Grenzüberschreitung vorhanden ist
(Farbspritzer abseits der Leinwand) - als „reine" bildende Kunst jedoch
nicht vollkommen ausgeschöpft wird. Es verlangt nach Zwischenräumen. Tanz / /
Bildende Künste. Zwischenraum/-zone. Architektur / / Urbanismus. Agieren im
Zwischenraum. Dabei spannt sich der Bogen zu Browns It's a Draw / Live Feed. Es
gibt einen abstrakten Raum - 6x6m. Zeitlich gesehen vor dem intimen Akt der
Kunstproduktion. Das Publikum ist nur mittelbar präsent. Die Performance wird
per Live-Aufzeichnung quasi repräsentiert. Entwicklung von Filtern - bzw.
Vervielfältigung von Ebenen. Am Boden befindet sich ein Bereich als
Papieroberfläche. Diese Zone wird zum Raum uneingeschränkten Potentials. Die
vertikale Repräsentationsebene wird verweigert. Brown betritt den Raum. Sie
hält Kohlestifte in der Hand. Brown lässt sich Zeit. Sie nähert sich dem Bogen
Papier. Es gibt keine Choreographie. Reine zufällige Bewegungsstrukturen im
Sinne. Sie denkt. Sie fällt. Bewusst lässt sich Brown außerhalb des Blattes im
Raum fallen. Entterritorialisierung. Der Zwischenraum wird akzentuiert.
Raumerweiterung. Spannungsaufbau zwischen Vertikalität und Horizontalität. Am
Boden liegend, wird der Körper völlig formlos. Intentionale Bewegungen
hinterlassen Kohlespuren am Papier. Es entsteht eine Aufzeichnung der
Bewegungen. =Choreographie? NEIN! Operation - Entstehung von Mikrotänzen. Es
geht nicht um das sichtbare Ergebnis. Der Prozess steht im Vordergrund. Viele
Bewegungen bleiben danach unsichtbar. „Ihr Zeichentanz ergänzt insbesondere die
vertikale und horizontale Ebene der Inskription und Repräsentation um eine
unerwartete Dynamik. Sie lässt sie durch die formlosen, nicht fixierbaren Akte
des fallenden Körpers von planen (ebenen) Dimensionen zu Zonen der Intensität
werden".
[VIRTUELLE RÄUME]
Virtuelle Räume - Räume des reinen Werdens. [Sendai Mediatheque, Toyo Ito] [Seattle
Public Library, OMA] Horizontal vs. Vertikal. Die Architektur
fokussiert und reduziert sich auf drei wesentliche Elemente: Platten (Boden),
Kanäle (Stützen) und Haut (Fassade) - die Komplexität von Aktivitäten und
Informationssystemen wird in den Vordergrund gestellt - die Entwurfsstrategie
bezieht sich auf die Entwicklung von Gesellschaftsräumen in unterschiedlichem
Grad von Öffentlichkeit, Intimität, Interaktion. In seltenen Fällen ist völlig
klar, was wo passieren wird. Die Unsicherheit der Benützung wird zum poetischen
Ausdrucksmittel. Mit der Begrifflichkeit eines „virtuellen Raumes" soll
hier eine nicht sichtbare Architektur definiert werden - im Sinne der
unerwarteten, nicht vollkommenen Vorbestimmung. Diese Architektur wächst und
entfaltet sich jenseits des Erwarteten. Rem Koolhaas verwendet dafür den
Ausdruck: Definitive Instabilität. Bei „Die Kultur des Staus" werden
vertikale bzw. horizontale räumliche Zusammenhänge erwähnt, welche auf die
Sendai Mediatheque anwendbar sind - Stapelung von Plattformen und vertikale
Erschließung. Im Gegensatz zum Downtown Athletic Center werden hier die
Beziehungen zu den durch Platten getrennten Räumen durch Kanäle intensiviert.
Die Kanäle fungieren als Transportsystem für Mensch, Licht, Infrastruktur,
Informationen, sind Form der Kommunikation, ermöglichen den Blickkontakt,
unterscheiden sich im Durchmesser, sind in ihrer Grundrisspositionierung
variabel - erzeugen eine Form von „open space". Die Architektur bezieht
sich auf eine Form der Gesellschaft, die charakterisiert wird als vielfältig,
unbeständig, nicht hierarchisch, und vernetzend. Die Anwendung von globalen Informationssystemen,
die dazugehörigen Theorien, das nahezu räumlich endlos wirkende Netzwerk der
Gesellschaft verlangt nach Systemen und Räumen aufbauend auf sozialen
Grundbedürfnissen. Das Verhältnis der stabilen zu unstabilen Räume sowie ihre
Anordnung und Definierung wird zum Thema und verschmilzt mit der entsprechenden
kulturellen Institution. [Seattle
Public Library, OMA]
[DIE KULTUR DES
STAUS]
Delirious New
York. Rem Koolhaas. Koolhaas spricht von einer Kultur, welche
das abgelaufene 20.Jahrhundert dominierte. Die Kultur des Staus basiert auf
Metaphern, auf einem metaphorischen Planungsansatz. Objektivität vs. Metapher.
Objektivität (das Anliegen urbane, soziale und architektonische Probleme zu
lösen) wird durch eine „Form poetischer Kontrolle" ersetzt. Architekten
glaubten an den ewigen Prozess, dass die Unüberwindbarkeit der Probleme die
Grundlage für die Geschichte Manhattans werde und dass das Überstülpen
„metaphorischer Modelle" über die explosive Substanz Manhattans das
einzige Mittel sei um mit einer „metropolitanen Situation jenseits des
Quantifizierbaren" umgehen zu können. Stau (zum Stillstand kommende
Bewegung) = Grundlage für Realität. Die Kultur des Staus offeriert ein System
von 2028 individuellen Blöcken. Ein Block ist ein Gebäude. Der Stau wird zum
Zwischenraum und zur Grundvoraussetzung für die urbane Definition - die Blöcke
werden zu Inseln - Manhattan zu einem „künstlichen metropolitanen
Archipel". Harvey Wiley Corbett's Lösungsansatz der Stauproblematik
(Fußgängerarkaden vom Straßenniveau auf von Gebäuden auskragenden Brücken zu
verlegen) und so den Gedanken Manhattan zu einer Form Venedigs zu verkörpern
war der „frappierendste Fall von Scheinheiligkeit in der Geschichte des
Manhattanismus". „100 tiefe Einsamkeiten bilden zusammen die Stadt Venedig
- dies ist ihr Zauber. Ein Bild für die Menschen der Zukunft". (Friedrich
Nietzsche) Das eigentliche Augenmerk galt nie der Lösung bzw. der Reduzierung
von Staubildung - es galt der Intensivierung. Es sollte ein Zustand erreicht
werden, „bei dem Stau auf wundersame Weise zu etwas Positivem wird". Die
Kultur des Staus wird zum metropolitanen-functionizer. Makro vs. Mikro - Urbane
Fragmentierung. Jedes Gebäude repräsentiert seine eigene Identität, seine
eigene Version der Benutzung, seinen Standpunkt. Jedes Gebäude ist eine Insel -
zusammen „ein System aus 2028 Einsamkeiten". Als Reinkarnation kann man
diesen Prozess in einem und demselben Gebäude betrachten - in seiner vertikalen
Ausdehnung, jede Ebene entwickelt eine differenzierte Ideologie - siehe
Downtown Athletic Club. [Downtown Athletic Club] Verkörperung und Intimität.
Abstrakte Komposition von
Aktivitäten. Vertikales Schisma. Instabilität.
Das kulturelle Prinzip der Staubildung setzt sich im Innenleben eines Gebäudes
fort. Zunächst in vertikaler Gliederung, dann in der Komposition der
Grundrisse. Der Benutzer ist gezwungen sich durch das Gebäude zu bewegen, er
kann dabei seine eigene Choreographie kreieren. Koolhaas verwendet die
Bezeichnung der „definitiven Instabilität" für einen räumlichen Zustand
der vollkommenen Unvorhersehbarkeit. Die Funktion, das Leben im Raum, der
Charakter, die benützende Gesellschaft, alles ist offen, instabil. Der Downtown
Athletic Club wird in Delirious New York als Brutkasten beschrieben, als eine
Ansammlung von instabilen Räumen, welche dem Mensch die Möglichkeit gibt, sich
neu zu erfinden - ein intimes Gesellschaftslabor. In einem realisierten Projekt
arbeitet Koolhaas mit dem Zusammenwirken von instabilen und stabilen Räumen -
siehe unter Virtuelle Räume: Seattle Public Library. In beiden Fällen (DT
Athletic Club, Seattle Public Library) werden die Räume gestapelt. Die
Bewegung, der Spielraum entfaltet sich in vertikaler Richtung. Dadurch ergeben
sich Plattformen welche auf unterschiedliche Art und Weise bespielt werden, die
jedoch in ihrem Zusammenwirken auf die reine Erschließung beschränkt sind. Sie
wären beliebig austauschbar, ohne die Komposition bedeutend zu zerstören. In
der Überlegung der räumlichen Entfaltung in horizontaler Ebene werden Übergänge
von stabilen zu instabilen Räumen in eine Richtung der Intensivierung
vorangetrieben. Die Instabilität wird mit dem Faktor der definitiven Bewegung
ergänzt. Der Zwischenraum wird zum multiplen Handlungsraum, abhängig der
Bespielung und Grad der Bewegung - siehe Neo-Mat-Buildings.
[THE NAKED CITY]
ILLUSTRATION DE L'HYPOTHÈSE DES PLAQUES
TOURNANTES EN PSYCHOGEOGRAPHIQUE. Guy Debord. The naked city, eine Darstellung
von atmosphärischen Einheiten der Stadt Paris von Guy Debord (Mitgründer der
1957 ins Leben gerufenen SI - Situationistische Internationale) ist ein Ansatz,
eine Heterogenität des urbanen Raumes zu konstruieren. Ausschnitte eines Paris
Stadtplanes wurden auf Basis von psychografischen Faktoren zu einer Form der
subjektiven Wahrnehmung des Ortes zusammengefügt. Rote Pfeile verstehen sich
dabei nicht als logische Verknüpfungen oder Wegeführungen; sie sind eher als
Vektoren anzusehen, als
Spannungslinien zwischen 2 neutralen Einheiten.
Diese Einheiten werden vom Bewohner aufgrund verschiedener Erwartungen,
Empfindungen, Motivationen, Tätigkeiten, Zeitlichkeiten etc. mit Energien
beladen und aus einem ordnenden System gerissen. Die Zufälligkeit des
Ausschnittes, die Lage und die Dynamik der Pfeile entspricht der subjektiven
Energie eines Bewohners der Stadt. Die Bewegung durch den urbanen Raum
„Derive" wird zur Kulturoperation - Kartographie der Momente. Die Stadt -
der urbane Kontext wird nicht mehr als Kontinuum, als ein übergeordnetes
Ganzes, gesehen. Durch das Miteinbeziehen einer kritischen Auseinandersetzung
des Bewohners mit seinem Umfeld, durch den Gedanken die Stadt als immateriellen
Bezugsraum zu verstehen und die Anwendung von performativen Methoden die es
erlauben Urbanität bzw. Urbanismus nicht als Konstrukt sondern als eine
bestimmte Lebensweise zu sehen, wird der Ort zum Experimentierfeld. Ein Werk
von Armelle Caron entblößt den städtischen Ort auf eine Art und Weise die
erkennen lässt wie eine gebaute Stadt als reines Readymade wahrgenommen werden
kann. „The naked city verwirft den Raum als Kontext und macht ihn stattdessen
zu einem Element der sozialen Praxis. Raum wird nicht mehr als ein Gefäß
betrachtet, das sich mittels Deskription erfassen lässt, sondern wird Teil
eines Prozesses - ein durch soziale Gruppen realisierter Prozess des „Bewohnens".
Alltagsräume - Methoden zur Rückgewinnung des freien Lebens. Außenräume.
Innenräume. Möglichkeitsräume. Performanceräume. Intimräume. Interaktionsräume.
Fabrikräume. Markträume. Laborräume. Plätze? „Nicht mehr das Aufgehen in einem
unitären kollektiven Milieu, sondern die individuelle Selbstverwirklichung, das
situative Handeln in flüchtigen Netzwerken bestimmt das heutige Denken: vom
unitären zum situativen Urbanismus". Die SI (Situationistische
Internationale) verlangte nach einer neuen gesellschaftlichen Wirklichkeit
abseits von Konsum, Kommerz, Spektakel, der passiven Rolle des Menschen und -
Kunst. „Denn Kunst war für Dobord selbst Teil jenes Spektakels geworden, das
den Menschen zum passiven Konsumenten degradiert, das dem Individuum das Glück und
Abenteuer des Lebens bloß vorführt, es dabei aber der Langeweile des Alltages
überlässt". Räume für Hyperaktivität und Stillstand, Irrtümer und Streben,
Situationen und ausweglose Situationen, Offensive und Rückzug. Räume für den
Augenblick. Instant City. Archigram. Fun Palace. Cedric Price. New Babylon.
Constant Nieuwenhuys. Architektur initiiert eine Transformation des Alltag.
[MAI]
Marina Abramovic Institute.
http://www.marinaabramovicinstitute.org/ MAI (Marina Abramovic Institute) wurde
von der serbischen Performance-Künstlerin Marina Abramovic (1946) gegründet und
von OMA (Office for Metropolitan Architecture, Rem Koolhaas) in Form einer
Studie entwickelt. Das Institut ist als zentraler Ort für das weite Spektrum
Abramovics bisheriger Werke und als ein Ort für das Erproben der Kunst der
Performance konzipiert. Ein ungenütztes Gebäude in Hudson (bekannt als
„Auslagerungsstätte" internationaler kulturell-orientierter
Institutionen), zwei Stunden Autofahrt nördlich von Manhattan NYC, wird
vollkommen entkernt - ein zentraler Raum, umgeben von funktional orientierten
Aufenthaltsräumen, als eine Art 360 Grad Bühne in Szene gesetzt. Interessen an
Wissenschaft, Bildung, Technik, Medizin, Politik, etc. bilden gemeinsam mit den
Bildenden Künsten eine Art Plattform im Bereich der „Körperkunst". Die
Besucher erhalten bei Eintreten in das Gebäude einen Labormantel ausgehändigt -
Uhren, Handys, Utensilien etc. werden zur Aufbewahrung abgenommen - der
Besucher unterschreibt einen Vertrag in dem eine Mindestaufenthaltsdauer von
2,5 Stunden zugestimmt wird. Abramovic stellt die immaterielle und auf Zeit
basierende Kunst in den Fokus ihrer Handlung. Der Moment wird zum Inhalt
erhoben. In der Beschreibung von Werken werden oft die Zeitspannen angegeben:
Performancedauer von nur ein paar Sekunden, 1 Stunde, Monate, viele Jahre, bis
in die Unendlichkeit reichend - das Institut als physischer Raum und Abramovics
Geistesgegenwärtigkeit wollen die Gesellschaft in Bezug auf (Langzeit)
Performances erziehen - will sie eine Art Schule für Performance
implementieren? „By taking time,
artworks step outside of time, allowing viewers to consider the most universal
and profound questions." Performative Demokratie. Abramovic dringt
mit ihrem künstlerischen Schaffen sehr oft weit in die Sphäre der
Öffentlichkeit ein. Es kann nun gedeutet werden, dass Performance grundsätzlich
von Öffentlichkeit getrennt ist und nur Abramovic die Fähigkeit besitzt diese
Verbindung herzustellen. Performance kann eigentlich gar nicht von
Öffentlichkeit getrennt werden - es müsste dann von einem anderen
künstlerischen Genre gesprochen werden, z.B. Film - viel interessanter ist
dabei wie diese Kompaktheit von Performance und Öffentlichkeit - Demokratie
transformieren kann. In der Geschichte wird ab dem 14.Jh. über die Existenz von
zwei Arten von Öffentlichkeit gesprochen: Geistliche und Repräsentative
Öffentlichkeit, der Kirche und dem Parlament. Diesen Öffentlichkeiten wird ab
dem 17.Jh. in England und Frankreich eine Form der öffentlichen Meinung
ergänzt. Diese Öffentlichkeiten und öffentlichen Meinungen sind die
entscheidenden Grundlagen einer Demokratie. In weiterer Folge haben
Globalisierung, kommerzielle Massenmedien und Privatisierungen einen
entscheidenden Einfluss auf eine Neuinterpretation diverser
(Neo-)Öffentlichkeiten. Diese Neuinterpretationen weisen bei Kritikern immer
wieder einen Verlust der „bürgerlichen Öffentlichkeit und repräsentativen
Demokratie" auf. Doch ist es in Wahrheit ein Verlust oder eher eine
Verrückung - ein Loslösen von Orten (weil Öffentlichkeit immer mit einem
bestimmten Ort verbunden war) - das Verschieben in nicht definierbare Sphären -
es wird auch vom „Phantom Public" gesprochen - Hintergrund dieser
Namensform ist die Passivität des Publikums - vom „kulturräsonierenden Publikum
zum kulturkonsumierenden Publikum". Der Mensch wird flüchtig. Er wird zum
Situationisten - der wie es die SI bereits formulierte das Verweilen in
flüchtigen Netzwerken bevorzugt. Diese flüchtigen Netzwerke haben großes
Potential. Aufgrund ihrer Nicht-Identifizierbarkeit und Nicht-Lokalisierbarkeit
bleiben sie nahezu uneinnehmbar für übergeordnete Institutionen. „Die Macht
muss jedes Mal neu konstituiert und legitimiert werden." Diese
Uneinnehmbarkeit ist es wohl, die dazu führt, dass der Schein einer Auflösung
oder des Verschwindens von Öffentlichkeit auslöst. „Public Sphere" ist nun
diese Form der verloren geglaubten Öffentlichkeit. Eine Öffentlichkeit des
Augenblickes. Sie ist nicht verschwunden. Sie existiert nur in einer anderen
Form an einem anderen Ort. Wir müssen sie suchen und wieder zusammenführen.
Doch sie kann nicht mehr als ein Ganzes angesehen werden. Die Öffentlichkeit
liegt uns in Fragmenten vor - ähnlich wie „Naked City" entscheiden potentielle
Energien des Menschen über seine eigene Form von Öffentlichkeit. In der
Literatur wird oft von Mobiler-Öffentlichkeit, Teilöffentlichkeiten, multiplen
öffentlichen Sphären etc. gesprochen. Ich möchte an dieser Stelle eine weitere
Begrifflichkeit ins Spiel bringen, die Intime Öffentlichkeit. Abramovic
formiert nun eine dieser Art Öffentlichkeiten. In ihrem Handeln (Performen)
entstehen Mikroräume der Intimität. Durch das Miteinbeziehen der Gesellschaft
(oft auf freiwilliger, spontaner Basis des Individuums) wird dieser
Mikrointimraum in die „public sphere" implementiert. Es entsteht
Öffentlichkeit. Performance wird zum Medium der Öffentlichkeitsproduktion.
Demokratie wird transformiert. Produktionen verlangen nun nach entsprechenden
Orten und Räumen. Diese Ort und Räume gilt es zu konzipieren. Der Entwurf einer
Mikroöffentlichkeit - das Ziel.
[TANZ]
Ein Ort. Laban
Dance Centre, Herzog & de Meuron. Rudolf Laban, ein
Pionier des Modern-Dance, ist hauptverantwortlich für diese Institution an der
Themse, fernöstlich von Londons Zentrum, gelegen in einem doch eher verlassen
scheinenden Londoner Stadtteil namens Deptford. Industrieller Charakter, viel
Müll und der Geruch von Fisch an der Hauptstraße die durchschlendert wird wenn
der Weg von der lokal angelegten Zugstation zum Centre aufgenommen wird. Das
wohl bedeutendste an diesem Gebäude ist der Ansatz, von Mr. Laban höchst
persönlich auch so formuliert, den Zugang zum Tanz für jeden Menschen zu
ermöglichen - physisch, psychisch, visuell, emotional oder in diesem Fall in
Form eines Gebäudes. Ein Objekt das diese bestimmte Form der Bewegung an seine
Umgebung kommuniziert. Durch diese konzeptionelle Implementierung eines
Tanzzentrums (weil im ersten Anschein als doch sehr künstlich angelegtes
Gebäude wahrgenommen) wird ein urbaner Raum aufgespannt, welcher sich weit über
die Grundstücksgrenzen erstreckt - die ersten Studios Labans in unmittelbarer
Nähe sowie eine in emotionaler Verbundenheit liegende Kirche formen einen Teil
davon. Mit Polycarbonat als Fassadenmaterial wird nun doch der gewerblich,
industrielle Charakter der Umgebung auf das Gebäude projiziert. Durch den
zusätzlichen Einsatz von Filtern in Pastellfarben entsteht eine Form der
textilen Hülle. Die Bewegungen der Tänzer werden teils deutlich (Bereich der
Fenster), teils verzehrt (Bereich der Polycarbonatfassade) als Zeichnungen in
Form einer Eigenständigen Performance der „Öffentlichkeit" geteilt. Eine
Institution.
Tanztheater Wuppertal, Pina Bausch. „Schon am
Ende der siebziger Jahre stand der Name Pina Bausch für ein Theater der
befreiten Körper und des befreiten Geistes, für ein Tanztheater der Humanität,
das auf der Suche war nach Liebe, Zärtlichkeit und Vertrauen zwischen den
Partnern - und nach einer tänzerischen Sprache, die in der Lage sein würde,
jene Kommunikation zwischen den Menschen zu ermöglichen, zu denen die bekannten
Sprachen nicht mehr fähig waren." Die Collage. Die Stadt und das Revue bei
Pina Bausch. Der Versuch eine Parallele zu ziehen, wie Bewohner und Tänzer, wie
New York und das Wesen hinter der Arbeit von PB eine Form der Collage
konstituiert.
Das Leben (in) der Stadt, das Ich auf der Bühne
leben und der Körper als Medium des Suchens/Findens sind Inhalte dieser
Parallele. Wenn Individualität vorherrschend ist, muss Einzigartigkeit resultieren
- New York inkarniert einen hohen Grad an individuellem Leben. „Es ging und
geht mir immer nur darum: Wie kann ich ausdrücken was ich fühle?" Die
Suche nach Menschlichkeit. Sind es die Menschen, ist es der Raum, oder ist es
nicht möglich diese beiden Aspekte doch zu trennen, oder sind sie sogar
untrennbar, sozusagen miteinander verschmolzen? Oft wird der so sehr
ausgebleichte Begriff des „Melting Pot" - nach einem Bühnenstück des
englischen Autors Israel Zangwill als Definition für die angesprochene
Einzigartigkeit einer Stadt verwendet. Diese Begrifflichkeit ist jedoch zu
banal. Es wäre zu einfach eine Argumentationslinie zu führen, die sich auf ein
nahe zu chemisches Vermengen von Individuen bezieht, welche dann als eine Art
Lebensraum an Bedeutung gewinnt. Ergänzen wir dieser Linie nun noch zumindest
die Begriffe: Mosaik und Collage. New York ist ein Extrem, eine der größten
kosmopolitisch geprägten Immigrantenstädte - so stellt sich wohl die Frage, wie
sehr können sich Immigranten mit einem neu gewonnenen, gelebten Ort
„verschmelzen"? Die Stadtstruktur amerikanischer Städte (das so genannt
Schachbrettmuster X/Y, vertikal/horizontal, die Art der Landeroberung, die oft
diskutierte Respektlosigkeit gegenüber der Natur, die Ortlosigkeit) lässt auch
NYC als ein perfekt organisiertes Mosaik erscheinen - ein Nebeneinander von
diversen sozialen, ethnischen Gesellschaften, die Bildung von Enklaven, die
Aufrechterhaltung von individueller Kultur, teils auch Infrastruktur. Es
herrscht eine sehr spürbare volksübergreifende Weigerung, die eigene kulturelle
Identität abzulegen. Stattdessen ist es umso wichtiger kulturelle
Differenzierung aufrecht zu erhalten, anstatt an einer oberflächlichen
Integration alibihaft zu arbeiten. Der gesellschaftliche Akt der Verschmelzung
tritt nicht ein. Auch die Begrifflichkeit des Mosaik bleibt wage, denn dabei
wird zu meist von einem Gesamtbild ausgegangen, ein Gesamteindruck, eine
zentral überlieferte Bedeutung. New York ist nicht zentral. New York hat
definitiv keinen Gesamteindruck, keine vorgegebne Art die Stadt zu leben. New
York ist nicht schön. (Paul Auster meinte einmal: „New York ist der
verlorenste, der elendste aller Orte. Die Zerbrochenheit ist allgegenwärtig,
die Unordnung universal. Man braucht nur die Augen zu öffnen, um es zu sehen.
Die zerbrochenen Menschen, die zerbrochenen Dinge, die zerbrochenen Gedanken.
Die ganze Stadt ist ein Schrotthaufen.") „Meine Stücke wachsen nicht von
vorne nach hinten, sondern von innen nach außen." (Pina Bausch) Diese Aussage
beschreibt sehr gut wie nicht-linear, nicht-geometrisch die choreografische
Arbeit Bauschs angelegt war. Obwohl offensichtlich eine Abfolge erkennbar ist,
bleibt sie nur zeitlich bedingt bestehen. Konzeptionell verharrt Bausch jedoch
nicht im Raum üblicher Handlungsentwicklungen, sondern montiert „aus einzelnen
Szenen eine revueartige Collage." Für New York, in Form seiner gebauten,
gelebten und sozialen Umwelt, könnte auch diese Bezeichnung nicht besser
passen. Jeder Mensch, jeder Ort trägt dazu bei, eine Szene zu kreieren. Es
entstehen Überlagerungen die gewisse Details unsichtbar machen, trotzdem real
und vorhanden sein lassen. Es grenzen unpassende Situationen
aneinander/übereinander - jeder Mensch kann Szenen aufgreifen und deren Inhalt
verändern, erneuern, löschen. Jeder für sich. Jeder kann für sich seine
Wahrheit suchen/finden. Der Tänzer sucht für sich seinen authentischen
Ausdruck. Inspiration, Gedankenfluss, Bewegung und immer wieder diese eine
ständige Suche. Diverse Gesellschaftsschichten, diverse Kulturen, diverse
Gründe warum der Mensch in dieser Stadt lebt. Die Suche nach Transparenz - wie
auch bei Collagen: die Bedeutungsebene bleibt für jeden Menschen offen - es
muss nur der richtige (Augen) Blick dafür gefunden werden. Die Parallelen sind
Prozesshaftigkeit und Offenheit.
[CONSUMPTION OF SPACE]
Ein Markt für Räume.
Ein Labor für Körperkunst. Das
Gebäude entsteht im urbanen Kontext der Stadt - mit der Highline als
Mikro-Bewegungsstruktur (Analog zum Broadway als Form der
Makro-Bewegungsstruktur durch Manhattan) wird es zu einer Art Absorber
menschlicher Substanz. Es beginnt in den Straßen Manhattans. Das Dach wird zur
Erschließungsfläche. An gegebenen Punkten wird das Level der High Line erreicht
- sie wird zum erweiterten Roofscape des Gebäudes oder vice versa. Der Platz
(Roofscape) wird zum Augenblick im Bewegungsfluss. Es wird eine Raumerweiterung
spürbar - die Nähe zum Wasser vergrößert. Der Platz wird definiert durch das
Gebäudelayout sowie 3 im Gebäude liegenden Volumina - Access, Theater, Theater.
7 weitere im ersten Moment nicht klar erscheinende Punkte bilden temporäre
Zugänge. Sie fördern die Zufälligkeit der Absorption. Der Platz in Form einer
duplizierten Grundrissebene ist Bühne, Filter, Plattform - Ort der
Spontaneität. Der Fall. Die Fälle. Der externe Fall aus der urbanen Intimität
(Bewegung durch Manhattan in seiner eigenen Intimitätskapsel) in den Raum der
potentiellen Möglichkeit wird zu einer Form der Entblößung. Die Erschließung
(Access) entspricht einer Injektion - die menschliche Substanz wird quasi in
das Gebäude injiziert. Die Form (Volumen) der Erschließung ist schmal.
Ausgehend von diesem riesigen offenen Platzraum wird der Mensch durch einen
engen Treppenraum geleitet - durch diese verhältnismäßig enorme
Raumkomprimierung entstehen erste provozierende Körperbezugspunkte. Der interne
Fall aus dem räumlichen Stillstand (momentane Intimitätsräume) in den Raum
potentieller Möglichkeit wird zu einer Form des Suchens und Findens. Es ist
neben dem freien horizontalen Bewegungsfluss auf Level 00, die vertikale Art
der Bewegung im Gebäude. Durch die verschobenen räumlichen Gruppierungen der
Intensitätszonen entsteht ein Markt an Räumen.
Geschlossene Räume, innenliegende Räume,
außenliegende Räume - transparent, transluzent, offen. Level 00 - freie
Bewegungsfläche. Der Mensch steht nun mitten im Gebäude. Davon ausgehend
eröffnet sich der Raum auf Level 00 als offener Bewegungsraum. Der
Bewegungsraum ist Zwischenraum. Funktionen die grundsätzlich den
Intensitätszonen zugeordnet sind erweitern sich in unterschiedlichem Grad in
den Bewegungsraum. Sie färben ab. Durch die Form der Erschließung, vom (Dach)
Platzraum aus in die Mitte des Gebäudes, tritt nach und nach eine beruhigende
Frequenz ein je mehr man sich der Randzone des Raumes (Glasfassade) nähert.
Kern - Frequenz - Interaktion - Kulturelle Produktion. Randzone - Ruhe -
Intimität - Bezug zum Stadtraum. Raumdefinitionen
- Grundriss. Open Space - Ort der Improvisation.
[SPACE OF
BOUNDLESS POTENTIAL]
Der Raum der Möglichkeit. Ausgehend vom
Gefundenen (Site), dem räumlichen Ansatz der Bildung eines öffentlichen Platzes
auf High Line Level und dem formalen Eingriff zur Entwicklung von städtischen
Charakteristiken, wird ein Raum aufgespannt den es in weiterer Folge zu rahmen
gilt. Das Rahmenwerk. Das Volumen wird zum Bewegungsraum. Level 00 (-0.20) wird
zur Bewegungsfläche. Der Raum definiert sich durch die horizontal begrenzenden
Elemente Boden (Level 00) und Dachhaut (Roofscape) sowie durch die
allumfassende Glasfassade. In dieses Volumen wird ein Tragwerk implementiert.
Der Raum bleibt auch nach der Einschreibung des Tragwerkes als 1 potentielles
Volumen erhalten. Die High Line wird zur konstruktiven Basis. 3x2 weitere
Scheiben (Fachwerke) werden im Grundriss definiert. Access. Theater. Theater.
Diese 3 Räume sind als EXPONIERT definiert. Ihre Auffassung ist als städtisch
anzusehen. Sie orientieren sich aufgrund äußerer, auf das Volumen einwirkender,
Gegebenheiten - siehe Ort. Access, Theater, Theater fungieren als Filter
zwischen intern und extern. Diese 3
Räume sind stabil. Die Rahmung wird Teil des Tragwerkes - innere Lastlenkung.
Die Fassade ist äußere Lastlenkung. Dazwischen wird eine Sequenz von Trägern
angeordnet. Diese Träger gliedern das Gesamtvolumen aufgrund unterschiedlicher
Höhen in 8 Raumzonen - das Volumen als freier Bewegungsapparat bleibt erhalten.
[INTENSITY AREAS]
Bewegung wird zum Extrem - Stillstand. In diesem
Raum (uneingeschränkten Potentials) werden nun diverse Intensitätszonen
positioniert - prinzipienlose Anordnung. Sie legen sich an einen von innen
entstehenden Microgrid. Diese Zonen fungieren als Zwischenraumdefinitionen. Es
entsteht eine Verdichtung im Gebäude. Immer ausgehend von der Bewegungsfläche
Level 00 werden diese Zonen jeweils gesondert durch möbelartige Treppenblöcke
erschlossen. Durch die nun differenzierte Vermengung von Intensitätszone und
Tragwerk entsteht eine Form der räumlichen Partikularität. Ihre Bedeutung
entsteht durch den Moment, die Komposition durch den Benutzer (Akteur). Die
Intensitätszonen werden teilweise funktional definiert - als Ausgangspunkt
weiterer räumlicher, thematischer Improvisationen. Inhaltlich kann die
Definition als Spannung zwischen urbaner/kultureller Interaktion und
partikularer Intimität verstanden werden. Der Zwischenraum wird so zum Ort der
Molekülbildung. Intensitätszonen sind Orte der Erprobung, des Entstehens. Sie
sind Räume des Werdens. Sie sind instabil. Sie können adaptiert, verdichtet,
entfernt werden. Sie sind vom Tragwerk unabhängige Momente im Raum. Sie sind
sekundäre Rahmenwerke. Intensitätszonen werden zu Impulsen. Impulse werden zum
entscheidenden Augenblick.
[LEGITIMIZATION]
Legitimität der Prinzipienlosigkeit. Die
Architekturproduktion wird differenziert in 2 Phasen. Phase 1 - Entwurf eines
Rahmenwerkes. Phase 2 - Produktion von Momenten. Phase 1: Raum
uneingeschränkten Potentials. Phase 2: Es ist legitim, dass der Mensch an der
Architekturproduktion aktiv teilnimmt. Die urbane Praxis des Handelns wird zum
Impuls für die Entstehung von Raum. Es entsteht öffentlicher Raum. Es ist
legitim dass der Mensch Raum (öffentlichen Raum) in Anspruch nimmt - für diesen
einen Moment. Aus diesem Moment entsteht eine Art der Neuordnung im Raum - ohne
Prinzipien. Der Mensch entscheidet über den Zeitraum der Aufrechterhaltung
dieser Ordnung. Die in dieser Ordnung produzierten Räume (Intimitätsräume)
können jederzeit verändert, erweitert, geöffnet, verschlossen, gelöscht werden.
Der Augenblick wird in dieser Phase mehrdeutig in Betracht gezogen: Der
Augenblick der Entstehung von Momenten. Der Augenblick der Entstehung von
Intimräumen. Der Augenblick als Zeitraum der Aufrechterhaltung. Der Augenblick
in Form der Kommunikation. Der Augenblick der Veränderung. Der Augenblick der
Vernichtung. Der Augenblick wird in Form von Psychomappings gespeichert. Die
Architektur wird zum reinen Medium.